Telgter Wallfahrt

Museum Heimathaus Münsterland & Krippenmuseum, Telgte (Wettbewerb)

Im hier vorgestellten Entwurf für den Raum Wallfahrt setzt sich auch das erste Obergeschoss des Museums als Wallfahrt in Szene. Als gestalterisches Vorbild dient der Sacro Monte in Varese (Lombardei), der durch die architektonische und bildnerische Annäherung die Wallfahrt ohne textliche oder pädagogische Erklärung allen die sich dort aufhalten näher bringt – Kinder und Analphabeten eingeschlossen.
Am steilen Berg nordwestlich der Stadt Varese führt ein breiter Weg zum Sanktuarium der Maria des Rosenkranzes und das Publikum wird an 14 ›Kapellen‹ vorbei geführt, von denen keine zu betreten ist; vielmehr laden die manieristischen Kapellen, durch vergitterte Öffnungen ins Innere zu schauen.


fede e arte
Auch der Leitspruch des Sacro Monte deutet auf das Museum, sollen sich doch auch hier ›Glauben und Kunst‹ vereinen. Angeregt durch die gestalterische Vielfalt der Kapellen werden im vorliegenden Entwurf Gehäuse vorgeschlagen, die Szenerien aus dem Leben Jesu aufnehmen; denn so ist ganz unmittelbar nicht nur thematisch sondern auch medial der Bogen nach Telgte zu schlagen: das Krippenmuseum wird so gleichsam vollendet durch Hinzufügen zwölf weiterer Szenerien.

Die plastischen Figuren im Maßstab 1:10 stehen in einer teilweise plastischen Umgebung (faux terrain) vor gemalten Prospekten – das zweidimensionale vollendet das Räumliche der Szene.
Die Kapellen können nicht einfach auf einen Zehntel verkleinert werden, denn sowohl in Varese als auch in Telgte ist der Mensch Maßstab. Es ist eine eigenständige Architektur zu entwickeln, die Kindern Podeste anbietet, sowie Rollstuhlfahrern und dem gehenden Publikum gleichermaßen die Betrachtung ermöglicht.
Die Wallfahrt im Museum hat kein Zielpublikum:

  • es bietet Pilgern ein weiteres Ereignis en miniature am Abschluss der Pilgerreise
  • es vermittelt Gläubigen ökumenisch in musealer Bildsprache das Werden, Leben und Sterben Christi und benutzt dabei die sinnliche Sprache der christlichabendländischen Bildwelt,
  • es spricht Kinder in ihrer Vorstellungskraft ganz unmittelbar an und –
  • es ist imstande, Nichtchristen einen liebevollen und allgemein verständlichen Zugang zum Christentum zu ermöglichen, in einer Bildsprache, die als polyglott bezeichnet werden darf. 

Die Gehäuse verfügen an ihren Abseiten ideale Möglichkeiten zur Präsentation von Bildern, Grafiken und Fotos und je nach Bauart ist auch der Einbau von Vitrinen sinnvoll. Für die Gehäuse wird ein helles, geöltes Holz wie Ahorn oder Linde vorgeschlagen. Die Figuren sind in der Machart, wie sie heute von realistischen Bildhauern wie Ron Mueck praktiziert werden, zu schaffen, für die gemalten Teile (Rundhorizont, Boden, Voute als oberer Abschluss des Rundhorizonts) sind sensible Bühnenmaler zu beauftragen.
An den meisten Wänden nimmt eine als Pultvitrine ausgebildete Konsole Bücher und Texte auf, so dass die Wand darüber mit ebenen Bildträgern bestückt werden kann.
Aufgrund der niedrigen Raumhöhe wird eine Beleuchtung vorgeschlagen, die aus den Gehäusen an die Decke gelenkt wird. Gut reflektierendes Material, direkt an der Decke angebracht, lenkt die Strahlung an die benachbarten Gehäuse, die Wände und die Konsolen. Das Licht ist dadurch gut fokussieren und zu begrenzen und auf konservatorische Belange anzupassen. Der Boden ist zu überarbeiten, auch weil Strom in die Gehäuse zu verlegen ist. Wäre es möglich, einen Fußboden wie in der großen Scheune zu verlegen? Dem Publikum wird ein Rundgang der 13 Stationen angeboten, an jeder Stelle besteht die Möglichkeit zur thematischen Vertiefung mittels der Objekte an den Wänden und in den Konsolvitrinen.

Präsentationsblätter

Mitarbeit
Jürg Steiner
Colin Steiner
Karsten Neglia

Video des Entwurfs

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Kategorisiert in Architektur